Dakar 2016

Dakar-Halbzeit: Bleibt alles anders?

Die erste Woche dominierte Peugeot. Der Konkurrenz von Mini und Toyota bleibt nur die Hoffnung auf eine komplett andere Streckencharakteristik in der zweiten Halbzeit.

Nach sechs tatsächlich gefahrenen, teilweise gekürzten Wertungsprüfungen und einer WP-Absage hat die Rallye Dakar den Ruhetag in Salta (Argentinien) erreicht. Wer bei den britischen Buchmachern auf eine Peugeot-Dreifach-Führung zu diesem Zeitpunkt gewettet hätte, wäre jetzt wahrscheinlich ziemlich reich. Wer dann auch noch die Top-Drei-Platzierungen mit Dakar-Neuling Sébastien Loeb an der Spitze vorhergesagt hätte, könnte eine zweite Karriere als Hellseher starten.

Tatsächlich verlief die erste Halbzeit der Rallye Dakar völlig anders als erwartet. Schwere Regenfälle sorgten ebenso für Gesprächsstoff wie der vergleichsweise einfallslose Streckenverlauf. Durchschnittsgeschwindigkeiten regelmäßig jenseits der 100-km/h-Marke sprechen eine deutliche Sprache.

Dakar zu einfach?

So einfach war die Dakar schon lange nicht mehr, maulten die Routiniers nicht nur aus dem Auto-Lager. Auch bei den Motorrädern führt mit KTM-Pilot Toby Price einer, der vor dem Start nur zum erweiterten Favoritenkreis gezählt wurde. Und wer hätte mit der Halbzeitführung von MAN-Wasserträger Pieter Versluis bei den Racetrucks gerechnet?

Der neue Fahrtleiter Marc Coma, auf dem Motorrad fünf Mal Sieger der Rallye Dakar, beteuert, die zweite Woche werde deutlich schwieriger. Ob dem tatsächlich so ist, kann im Vorfeld niemand einschätzen. im Gegensatz zu den vergangenen Jahren wird um den genauen Streckenverlauf nämlich ein Riesen-Geheimnis gemacht. Das ging sogar soweit, dass Toyota-Teammanager Jean-Marc Fortin im Dunkeln darüber gelassen wurde, wie viel Benzin er bestellen sollte. „Bei Peugeot oder Mini ist das kein Problem“, beschwerte sich der Belgier. „Wenn die zu viel Diesel kaufen, kippen sie die Überstände einfach in die Service-Lkw. Das geht bei unseren Benzinern leider nicht.“

Loeb überrascht auf ganzer Linie

Peugeot war in der ersten Woche nicht nur überraschend schnell, sondern hatte auch überraschend wenig technische Probleme. Ein Schluckauf der Motorelektronik kostete Carlos Sainz schon in WP 2 zwar rund 14 Minuten. Seitdem ist der zweimalige Rallye-Weltmeister insgesamt aber der Schnellste und hat zur Halbzeit weniger als fünf Minuten Rückstand auf Teamkollege Loeb – das ist bei der Rallye Dakar Schlagdistanz.

Der neunmaligen Rallye-Weltmeister bewies nicht nur, dass er ein begnadeter Autofahrer ist, der es auch bei Marathon-Rallyes mit den Schnellsten aufnehmen kann. Auch behielt er einen kühlen Kopf, als bei ihm ein paar kleinere Probleme auftraten. Ein fälschlicherweise auslösendes Sentinel – das System. mit dem auflaufende Teilnehmer den Vordermann zum Überholen-Lassen auffordern können – steckte er locker weg. Auch ein defekter Sensor der Turbolader-Elektronik kostete zwar drei Minuten. „Aber so etwas gehört bei der Rallye Dakar dazu“, meinte Loeb nur lakonisch.

Einzig Stéphane Peterhansel blieb im Peugeot-Lager bisher von Problemen verschont. Allerdings ist der elfmalige Dakar-Sieger auch nicht ganz so schnell unterwegs wie Loeb und Sainz. Was durchaus eine clevere Taktik sein könnte. Zur achten Etappe am Montag, die erstmals in die offene Wüste führt, startet Peterhansel hinter seinen beiden Teamkollegen – perfekt, um sich an deren Spuren zu orientieren.

Dicke Luft bei Mini

Bei Mini hängt derweil der Haussegen schief. „Wir haben uns im Vergleich zu 2015 zwar verbessert. Aber die Peugeot haben einen Riesenschritt gemacht“, beschwerte sich Vorjahressieger Nasser Al-Attiyah. „Ich fahre mir die Seele aus dem Leib, kann mit den Buggys aber nicht mithalten.“ Bemerkbar macht sich vor allem, dass die Mini mit ihrer seriennahen Karosserie und Allradantrieb in der Höchstgeschwindigkeit Nachteile gegenüber den aerodynamisch ausgefeilten Buggys von Peugeot haben. Rund 20 km/h beträgt der Nachteil beim Topspeed. Al-Attiyah hofft, dass dies in der zweiten Rallye-Halbzeit eine deutlich kleinere Rolle spielen wird.

Das ist auch der einzige Strohhalm, an den sich die Toyota-Truppe klammert. In der großen Höhe von Bolivien hatten die mit Saugmotoren bestückten Hilux konstruktionsbedingt sowieso keine Chance gegen die auf Turbodiesel-Power setzenden Mini und Peugeot. „Es fühlt sich an, als fahre ich mit Halbgas“, beschrieb Giniel de Villiers. Der Südafrikaner und sein deutscher Beifahrer Dirk von Zitzewitz erreichten den Ruhetag mit bereits 33 Minuten Rückstand auf Loeb und liegen in der Gesamtwertung sogar noch hinter Dakar-Neuling Mikko Hirvonen, der im Mini immer besser in Schwung kommt.

Toyota-Pilot Yazeed Al-Rajhi, 2015 die Überraschung der Rallye, spielte bisher kaum eine Rolle und ist sogar nur Achter. „Ich habe große Probleme mit Höhenkrankheit gehabt“, fasste der Araber zusammen, der vom Deutschen Timo Gottschalk navigiert wird. Dritter deutscher Beifahrer mit Dakar-Sieg auf dem Konto ist Andreas Schulz. Der Beifahrer liest in diesem Jahr dem britischen Neueinsteiger Harry Hunt (Mini) vor. Die beiden sind derzeit Dreizehnte.

Das Vater-Sohn-Duo Jürgen und Daniel Schröder (Nissan) rangiert zur Halbzeit auf Platz 41. Ausgeschieden sind bereits Stephan Schott und Holm Schmidt. Ihr Mini wurde bei einem Unfall kurz vor dem Ziel der WP 2 irreparabel bschädigt.

Vorschau Etappe 8: Salta – Belén (RA):

Prüfung: 393 km, gesamt: 766 km; WP-Start erstes Auto (Rallye-Zeit/Deutsche Zeit): 08:47/12:47 Uhr, WP-Ziel erstes Auto: 15:42/19:42 Uhr

Die „Dakar“ zeigt gleich zu Beginn der zweiten Woche ein anderes Gesicht als in der ersten. Die ersten Dünen stehen auf dem Programm. Waren die Etappe bisher geprägt von eher unkniffliger Routenführung, kommt es auf dem Teilstück von Salta nach Belén verstärkt auf den Navigator an, während der Fahrer seine Fähigkeiten im Surfen von Dünen unter Beweis stellen muss. In einem (Doppel-)Wort: Hammer-Etappe. Kamel-Gras und sehr weicher Sand mit viel Offroad und Hitze erwarten die Teilnehmer. Es gilt hier: keine Fehler machen, denn die sind gleich mehrere Minuten schwer.

VIDEO: Robby 'Showman' Gordon in Aktion


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