300 Lakes Rally

Trabi goes to Zarasai

Wer oder was ist – zum Teufel – Zarasai? Keine Angst, keinem wird das Abitur aberkannt, wenn er mit Zarasai nichts anfangen kann. Zarasai ist eine Kleinstadt mit 8000 Einwohnern im nordöstlichsten Teil von Litauen. Nach Osten sind es 30 km bis zur Grenze zu Weißrussland, nach Norden 20 km bis Lettland.

Jedes Jahr im August lockt die 300-Seen-Rallye ein internationales Feld nach Zarasai, das sehr hübsch zwischen zwei Seen liegt. 300-Seen-Rallye klingt fast so wie 1000-Seen-Rallye – nicht zu Unrecht, denn der Streckencharakter ist sehr ähnlich: Schnelle Schotterstraßen und –wege durch Wald und Feld, vorbei an vielen kleinen und großen Seen. Und natürlich sind die Pisten mit jeder Menge Kuppen garniert!

Litauens Rallyeveranstalter freuen sich über weitgereiste Gäste. Vor fünf Jahren traten hier zwei Volvo an, im vorigen Jahr reisten die Sachsen Pierre Römer und Falk Moritz mit einem Trabant nach Zarasai. Sie waren begeistert und rührten die Werbetrommel im Kreise der Internationalen Trabant-Rallye-Meisterschaft ITRM. Mit Erfolg: In diesem Jahr machen sich zwei Trabant-Teams auf den langen Weg nach Litauen. Thomas Grimm, 38, und Falk Moritz, 57, starten in Chemnitz zur 1.400 Kilometer langen Reise ins Baltikum. Die letztjährigen ITRM-Sieger Eckhard Eichhorst, 58, und Jörg Vach, 54, brechen von Eberswalde auf, nördlich von Berlin, vor ihnen liegen „nur“ 1.200 Kilometer.

Zarasai feiert die 300-Seen-Rallye als Volksfest, der zentrale Servicepark wird mitten in der Stadt eingerichtet, die Hauptstraße wird für einen Zuschauer-Rundkurs gesperrt, die Super Stage findet auf der Trabrennbahn statt. Jede Menge Zuschauer säumen die Rallyestrecke, das Fernsehen überträgt die Rallye live. „Die Gastfreundschaft ist überwältigend“, erzählt Eckhard Eichhorst mit Begeisterung, „der Bürgermeister hat uns begrüßt, bei allen Sprachhindernissen hat man uns jeden Wunsch von den Augen abgelesen.“ Die beiden „Rennpappen“ werden in Litauen sofort zu Publikumslieblingen. „Unsere Trabant sind hier extrem populär. An jeder Ecke hat man uns fotografiert; sogar die Grid-Girls sind extra an unser Service-Zelt gekommen.“ Der Technische Kommissar schmunzelt: „Aha, ein Auto mit Fahrradmotor“, und stempelt die Abnahmekarte ab.

Zur Rallye über zwölf Wertungsprüfungen mit 126 WP-Kilometern (75% Schotter, 25% Asphalt) starten 64 Teams aus den Baltikum-Staaten Litauen, Lettland und Estland, aus Finnland, Russland, Weißrussland, Belgien und Deutschland. Martynas Samsonas übernimmt mit dem BMW M3X (E46, 3500 cm³, Allrad, sequenzielles 6-Gang-Getriebe) bis zur fünften Prüfung die Führung, bis ihn ein technischer Defekt bremst; nach 20 Minuten Reparatur-Verspätung und 3:20 Minuten Strafe langt es am Ende nur zu Platz 7. Die sauschnellen Schotterpisten fordern ihren Tribut, auch in der Spitzengruppe: Der Litauer Vytautas Svedas reißt am Evo 10 ein Rad ab, der Lette Janis Vorobjevs schlägt den Kühler seines Mitsubishi Mirage (ein Selbstbau-R5) leck und der Este Kaspar Koitla stellt seinen Evo 9 mit Bremsproblemen ab. Nach Samsonas‘ Pech erobern die Zala-Brüder im Mitsubishi Evo 8 die Spitze und geben sie bis ins Ziel nicht mehr ab.

Albert von Thurn und Taxis und sein belgischer Co Bjorn Degandt kommen im Skoda Fabia R5 nicht problemfrei über den Kurs und landen schließlich nur auf Rang 13, drei Minuten vor dem Litauer Dovidas Ciutele im Lada, der von seinen Lausitz-Einsätzen auch in Deutschland bekannt ist. Die beiden Trabant-Teams fahren mit den höchsten Startnummern am Ende des Feldes und holen alles aus ihren 600-cm³-Motoren heraus. „Wir sind ohne Probleme durchgefahren, nur nach WP 5 mussten wir einen platten Reifen wechseln“, freut sich Eckhard Eichhorst. Am Schluss erreichen 39 Teams das Ziel, die Trabant auf den Plätzen 35 und 37. Thomas Grimm: „Wir hatten einen Riesenspaß!“

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