Sieg von Hansen

RX Kanada: Crash, Boom, Bang

In unserer Vorschau hatten wir gegrübelt, ob jetzt zur zweiten Saisonhälfte die Ellenbogen ausgefahren werden, damit sich an der Tabellenspitze etwas regt. Tatsächlich flogen beim siebten WRX Lauf in Kanada mehr die Fetzen, als nötig. Und einen Wechsel an der Tabellenspitze gab es auch.

Spitzenreiter Mattias Ekström lag nur ganz knapp vor seinem Verfolger, dem amtierenden Weltmeister Petter Solberg. Nachdem seit drei Rennen der Abstand vollkommen unverändert geblieben war, wäre es Ekström ganz recht gewesen, wenn er diesmal in der Qualifikation und in den Finalläufen mehr Punkte einfährt, als sein Verfolger aus Norwegen.

Doch schon der erste Qualifikationslauf warf den Schweden zurück. Ein Plattfuß sorgte dafür, dass Ekström nur eine magere zwölfte Zeit einfuhr, während Solberg am Samstag schon zwei Bestzeiten markieren konnte, jeweils verfolgt von Timur Timerzyanov aus dem Team Austria.

Timerzyanov fährt Ellenbogen aus

Nachdem Timerzyanov zwei Mal gegen Solberg den Kürzeren gezogen hatte, versuchte er es am Sonntag tatsächlich mit der Ellenbogentaktik. Timur drückte und drängelte, schob Solberg in der Startphase unsanft in die erste Kurve, beide treibt es weit raus, sie verlieren Zeit und Boden und die Verfolger können durchschlüpfen. „Ich war vorn, dann wurde ich sehr stark rausgeschoben. Ich bin sehr enttäuscht über diese Aktion von Timur, wir hätten beide vorneweg fahren können als Erster und Zweiter. Aber so waren die Zeiten mies. Es gab nicht mal eine Strafe, offenbar darf man hier einfach so in die Konkurrenz hineinfahren“, gab sich Solberg nach dem Vorfall verärgert.

Dass sehr wohl Strafen verhängt werden und es sogar noch schlimmer kommen sollte, konnte Solberg noch nicht ahnen. Sein Zorn hielt an bis zum vierten Qualifikationslauf und pushte ihn erneut zur Bestzeit.

Inzwischen aber hatte sich Ekström auf eine kleine Aufholjagd begeben, mit der viertbesten Zeit im zweiten Qualifikationslauf konterte er und schob noch zweimal die drittbeste Zeit nach – Platz vier in der Qualifikation sprang dadurch noch für ihn heraus, der Rückschlag aus Q1 war damit bestens verarbeitet. In Q4 hatte er früh gejokert und so das gute Ergebnis gesichert. „Ich hatte Angst, mir wieder einen Plattfuß einzufangen“, gestand Ekström nach dem vierten Qualifikationslauf. In diesem Zeitpunkt hatte er seine Führung behauptet, auch wenn Solbergs Rückstand nur noch drei Punkte betrug. Mit dem Sieg in der Qualifikation wurde Solberg mit 16 Zählern belohnt, Ekströms Aufholjagd und Platz vier in der Quali waren noch 13 Punkte wert. Wir erinnern uns: der Abstand betrug vor dem Rennen lediglich fünf Zähler, blieben also nur noch zwei. Und die Finalläufe standen noch aus.

Solberg souverän, Ekström fällt zurück

Für den Sieg im Semifinale gibt es sechs Punkte, für Platz zwei dann fünf und so weiter. Der Finalsieg bringt sogar acht Punkte. Im ersten Semifinale ging Solberg an den Start, Ekström war im zweiten dran. Hier bestand also die Möglichkeit, dass beide noch einmal dieselbe Punktzahl holen. Solberg legte vor, gewann sein Semifinale mit viel Abstand auf die Konkurrenz, Johan Kristoffersson folgte ihm mit Respektabstand, sein Teamgefährte Anton Marklund wurde Dritter. Er profitierte vom Ausfall des Amerikaners Ken Block. Block hatte sich mit einer zweitbesten Zeit im vierten Qualifikationslauf eine gute Ausgangsposition für die Semifinals gesichert, war sogar auf Finalkurs. Doch dann gab der Ford Focus RS den Geist auf, war unlenkbar und zwang Block zur vorzeitigen Aufgabe. „Ich habe einige kleinere Fehler gemacht und auch Pech gehabt, daher ist das Erreichen des Semifinals ein Erfolg“, so sein Fazit.

Nun musste Ekström kontern. Die erste Startreihe neben Timerzyanov bot eine gute Ausgangsposition. Doch der hatte schon einmal an diesem Wochenende seine Ellenbogen ausgefahren. Dahinter lauerte Andreas Bakkerud, der wollte unbedingt den dritten Sieg in Folge einfahren. Mit Toomas Heikkinen hatte Ekström wenigstens einen Verbündeten im Feld, sein Teamkollege hatte bereits im Vorfeld erklärt, dass es zwar keine Stallorder gibt, aber man trotzdem zwischen Teamkameraden keine unüberlegten Aktionen fahren würde. Timerzyanov verpatzt den Start, Ekström macht alles richtig und saust davon. Ihm folgen Bakkerud und Heikkinen. Doch Ekström kann dieses Rennen nicht nach Hause fahren, wieder wird er durch einen Plattfuß eingebremst und nach hinten durchgereicht. Heikkinen fällt auch zurück, nachdem Timerzyanov offenbar die Geduld verloren hat. Die Rennleitung unterstellte ihm einen regelwidrigen Rempler gegen den Finnen und disqualifizierte ihn.

Timerzyanov tobte, sein zweiter Platz mit entsprechenden Punkten für das Semifinale und die Startberechtigung für das Finale waren flöten gegangen. „Ich habe Heikkinen nicht berührt, sein Stoßfänger hinten ist sauber“, schimpfte der Russe. Es half alles nichts, er war raus. So rückte der Vierte nach, Timmy Hansen hatte den Einzug ins Finale knapp verpasst – nun durfte er aufrücken, denn das Regelwerk verlangt stets volle Finalläufe. Mit der Disqualifikation Timerzyanovs durfte der Vizeweltmeister doch noch im Finale starten, aus der letzten Startreihe.

René Münnich hatte es nicht in die Finalläufe geschafft, konnte aber dennoch zufrieden sein. Für den einzigen Deutschen im WM-Kader gab es endlich die ersten Meisterschaftspunkte. Aufgrund des Umstandes, dass insgesamt nur sechzehn Supercars die weite Reise nach Übersee angetreten waren, hatte er einen Platz in den Punkterängen schon früh sicher. Aber am Ende konnte er noch zwei weitere Kontrahenten hinter sich lassen und sich über drei Punkte für Platz 14 freuen.

Solberg mit viel Pech im Finale

Nun konnte Solberg einen großen Schritt machen. Die Tabellenführung hatte er Ekström ja schon abgejagt, als Pole-Setter musste er nur noch alles in Ruhe nach Hause fahren, dann würden weitere acht Bonuspunkte seinem Konto gutgeschrieben. Das sollte kein Problem sein, schließlich hatte er das Semifinale mit viel Vorsprung für sich entschieden. Ellenbogen-Timur war nicht mehr dabei, auch Loeb hatte das Finale verpasst. Nur auf Bakkerud sollte er Acht geben, denn der würde bestimmt sehr gern zum Dritten Mal in Folge einen Finalsieg einfahren.

Inzwischen war die Strecke regennass, Solbergs Start ging in die Hose und er wurde nach hinten durchgereicht. Heikkinen übernimmt die Führung, aber als er weit herausgetragen wird, schlüpfen Bakkerud und Hansen durch. Kriegt der Norweger das Triple hin? Er bleibt vorn, Hansen jokert. Als Bakkerud den kleinen Umweg einschlägt, den jeder Fahrer einmal nehmen muss, kann sich Hansen vor Bakkerud setzen und tatsächlich die Führung bis ins Ziel behaupten. Direkt nach dem Überraschungserfolg springt er aus dem Auto und klettert jubelnd aufs Dach, die Verfolger bremsen ab. Auch Solberg, inzwischen hatte er sich noch auf Position fünf vorkämpfen können, muss in die Eisen gehen. Dann knallt es fürchterlich, Anton Marklund raste heran und donnerte ins Heck von Solbergs Citroen. Solberg brauchte einen Augenblick, bis er wieder alle Sinne beisammen hatte. Trotz Tabellenführung gab es für ihn kein glückliches Ende, soviel Schaden hat er selten mit nach Hause genommen.

VIDEO: RX-Finale Kanada

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