Rallye News

Ein Typ für alle Fälle

Warum lassen sich Reifenschäden bei der Dakar nie vermeiden? Welcher Luftdruck passt für die Durchquerung der Wüste? Einblicke in die Reifenwelt.

<strong>ERFOLGSSPUR:</strong> Mitsubishi und BFGoodrich dominieren die Dakar

Reglementbedingt steht den Teams bei der 29. Ausgabe der ?Dakar? lediglich ein Reifentyp zur Verfügung. Ob auf den von scharfen Steinen gesäumten Pfaden Marokkos, den Sanddünen Mauretaniens mit ihren tückischen Felsen oder den harten Laterit-Pisten im Senegal - ein Läufflächenprofil muss die Werksfahrer sicher über die fast 8.000 Kilometer von Lissabon nach Dakar bringen.

 

?Nach Tests in Marokko und Tunesien im Oktober und November haben sich die Werksteams von Mitsubishi, VW und BMW-X-Raid für den BFGoodrich Rock T/A entschieden?, erklärt Dominique Bravy, Raid-Reifen-Techniker bei BFGoodrich. ?Dieser Pneu gewann bereits 2006 auf dem Mitsubishi Pajero von Luc Alphand. Bei der ,Dakar´ trägt die Karkasse die Hauptlast und schluckt die harten Stöße, die die Reifen über Stunden hinweg aushalten müssen. Deswegen haben wir uns darauf konzentriert, die Belastbarkeit des Rock T/A weiter zu verbessern. Du musst dir nur vor Augen führen, dass die Fahrzeuge mit vollem Tank bis zu 2,5 Tonnen wiegen und einzelne Reifen - beispielsweise beim Landen nach einem Sprung - dynamische Radlasten von bis zu drei Tonnen aushalten müssen.?

 

?Mich beeindruckt die Belastbarkeit unserer Reifen sehr?, erklärt Mitsubishi-Werkspilot Stéphane Peterhansel, der die Rallye Dakar 2004 und 2005 auf Pneus der amerikanischen Marke gewann. ?Unsere Fahrzeuge sind sehr schwer. Am Start einer Prüfung wiegen sie fast 2,5 Tonnen und manche Prüfungen - besonders in Marokko - können sehr hart sein. Trotz ihrer Komplexität erweisen sie sich als unglaublich haltbar und widerstandsfähig. Obwohl sich Reifenschäden nie ganz vermeiden lassen, sind sie mittlerweile eine Seltenheit. Es liegt auch an uns Piloten, unseren Fahrstil anzupassen. Wir müssen es so weit wie möglich vermeiden, über Steine zu fahren und nicht zu stark zu driften.?

 

Damit die Pneus bei allen Bedingungen bestens funktionieren, kommt dem Reifendruck eine besondere Bedeutung zu: Um auf den steinigen Strecken in Marokko die größtmögliche Haltbarkeit zu erreichen, erhöhen die Fahrer den Druck auf bis zu drei bar. In der Sandwüste hingegen benötigen die Pneus vor allem eine große Aufstandsfläche. Hier senken die Lenkradartisten den Druck auf 1,6 bar.

 

Eine große Herausforderung stellt auch das Regelwerk an die Piloten von Autos mit Allradantrieb: ?Die Nutzung von Systemen, mit denen die Fahrer den Reifendruck aus dem Cockpit heraus verändern, ist bei Allradlern verboten?, so Bravy. ?Deswegen ist die Anpassung sehr zeitintensiv. Dennoch dürfen die Piloten nicht vergessen, den Reifendruck zu erhöhen, wenn sie nach einer sandigen Passage wieder auf festeren Untergrund zurückkehren. Ansonsten riskieren sie Reifenschäden.?

 

Reifenschäden zählen seit jeher zu den größten Feinden von Offroad-Piloten. Wegen der hohen Temperaturen und der langen Distanzen verfügen die Reifen bei der Dakar nicht über das ?Mousse?-System, das in der Rallye-WM die Gefahr eines Plattfußes nahezu ausschließt. Bei der ?Dakar? lassen sich Reifenschäden auf den teils mehr als 500 Kilometer langen Wertungsprüfungen nicht verhindern. Das liegt auch daran, dass der Wettbewerb zwischen den Top-Teams in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat und mittlerweile intensiver geführt wird als je zuvor. Für die Pneuhersteller wie BFGoodrich geht es also darum, die Wahrscheinlichkeit eines Reifenschadens so stark wie möglich zu minimieren. ?Der Nachteil ist relativ?, beschreibt Bravy. ?Ein Reifenwechsel dauert rund drei Minuten. Das entspricht etwa 0,09 Prozent der Gesamtdauer von 53:47 Stunden, die der Sieger 2006 benötigte. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass ein Reifenschaden - oder sogar zwei oder drei - die Moral der Crew beeinflussen.?

 

Interessanterweise treten die häufigsten Reifenschäden hinten rechts auf. Das liegt an zwei Gründen: Zum einen werden die Hinterräder im Raid-Sport stärker beansprucht, zum anderen können die Fahrer der linksgelenkten Offroad-Vehikel die rechte Seite schlechter einsehen. ?Sie denken vielleicht, dass sich das rechte Hinterrad noch auf der Strecke ist, aber manchmal befindet es sich auf dem felsigeren Abschnitt daneben?, merkt der Reifentechniker an. Damit die Wüstenfüchse nicht plötzlich von Reifenschäden überrascht werden, verfügen einige Werksautos über ein Früherkennungssystem, wie es auch bei den 24 Stunden von Le Mans zum Einsatz kommt. Für den Fall, dass doch einmal ein Schaden auftreten sollte, führen die Fahrer bis zu vier Ersatzpneus im Auto mit sich.

 

Im Gegensatz zu den Allradlern genießen die zweiradgetriebenen Buggies in puncto Reifen mehr Freiheiten: ?Für die Buggies gibt es keine Beschränkungen, was die Laufflächenmuster angeht?, erklärt Bravy. ?Außerdem dürfen sie einen maximalen Durchmesser von 890 Millimetern haben, die Allradler hingegen nur 810. Durch ihre größeren und breiteren Hinterreifen besitzen sie im Sand einen klaren Vorteil. Denn je größer der Reifen, desto besser verteilt sich die Radlast.? Die meisten Buggy-Piloten setzen auf den in Amerika produzierten BFGoodrich Baja T/A, der seine Partner bei der legendären ?Baja 1000? 20 Mal in Folge zum Sieg führte.

 

Insgesamt fahren rund 80 Prozent aller Teilnehmer auf frei verkäuflichen BFGoodrich Reifen. Für sie steht nicht der Gesamtsieg oder ein Erfolg in der Klasse im Vordergrund, sonst schlichtweg die Zielankunft in Dakar: ?Die Vorbereitungen für die privat eingesetzten Autos sind nicht so intensiv?, so Bravy. ?Sie können gewöhnliche BFGoodrich Produkte wie den Mud Terrain oder All Terrain verwenden.? Im Laufe der gesamten Veranstaltung setzt ein Team durchschnittlich 70 Reifen pro Auto ein. Diese müssen die Teams selbst transportieren und montieren.

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