Zeitreise

Mercedes im Rallyesport

Der offizielle Einstieg von Mercedes in die Rallye-Weltmeisterschaft erfolgte 1978. Doch der Aufstieg des neuen Sterns am Rallye-Himmel endete schnell.

<strong>WUCHTBRUMME:</strong> Der Mercedes 450 SLC im Kampf gegen Afrikas Flüsse

So richtig zur Sache sollte es dann aber nach dem Willen von Sportchefs Erich Waxenberger mit dem 450 SLC gehen. Das für die damalige Zeit ziemlich voluminöse Coupe verfügte über einen Motor, den man in Amerika wohl einen ?very small block? genannt hätte, für europäische Verhältnisse war der V8 mit leicht über fünf Liter Hubraum schon ein rechter Kracher. Um die 310 PS bei 6.300 U/min und ein gewaltiges Drehmoment von über 400 Nm schüttelte die Maschine ganz unaufgeregt aus den Zylindern.

Die Herren Fahrer konnten sich zurücklehnen, den Wählhebel der Dreigang-Automatik auf D stellen und das rechte Pedal gen Bodenblech drücken. Na, ganz so bequem und einfach war es dann doch nicht. Die Sportabteilung der Schwaben nahm der Automatik die ?Kick-Down-Schaltung?, so mussten die Fahrer tatsächlich die drei Fahrstufen manuell sortieren. Mit der kurz übersetzten Hinterachse rannte der Daimler in etwa 7 Sekunden auf Hundert und erreichte eine Spitze von 190 Stundenkilometer. Das Leergewicht bezifferte sich auf immerhin 1.350 Kilogramm.

Damit war man bei den afrikanischen Veranstaltungen und auf der Langstrecke bei der Musik. Bei der 79er Ausgabe der Safari lag Hannu Mikkola lange vorn, dann stellten sich Probleme mit der Kühlung ein, die ihn auf den Ehrenplatz zurück warfen. Björn Waldegaard mit einem weiteren 450 SLC lief auf dem sechsten Rang ein, Andrew Cowan mit einem 280 E auf Platz vier. Im Dezember des Jahres machten die Daimler-Fahrer an der Elfenbeinküste dann die Konkurrenz platt, vier der Fünf-Liter Coupes vorn. Die Reihenfolge: Mikkola, Waldegaard, Cowan und Vic Preston.

Diese Erfolge führten dazu, dass Erich Waxenberger im folgenden Jahr auch Rallyes auf dem alten Kontinent mit seinen Brummern beschicken wollte, obwohl sich die Autos hierfür nicht wirklich eigneten. In Portugal landeten zwar Waldegaard und Carlsson auf den Rängen 4 und 5, profitierten dabei aber von einigen Ausfällen. Die sicher geglaubte Safari, bei der erstmalig im Rallyesport durch ein Werk Hubschrauber eingesetzt wurden, geriet indes zur Luftnummer. Ein Materialfehler vernichtete die Hinterachsen der Coupes. Mikkola war der Erste, den dieses Schicksal traf. Kein Problem. Waxenberger war ja schließlich im Helikopter unterwegs, an Bord nicht nur Mechaniker, nein, man ahnt es, auch eine Hinterachse.

Björn Waldegaard lag in Front, hinter ihm Cowan (Mercedes). Joginder Singh?s Stern glich nach einem Überschlag mehr einer Sternschnuppe. Als es in die Taita Hills ging, verließen die beiden führenden Mercedes-Fahrer unplanmäßig die Strecke. Waldegaard benötigte ewig lange, bis er weiter fahren konnte. Dann war es endlich soweit, und kurze Zeit darauf ging ihm die Hinterachse ein. Auch Andrew Cowan, inzwischen Führender, blieb von dem Defekt nicht verschont, der ihn auf den sechsten Platz schob. Vic Preston jr. rettete immerhin den letzten Platz auf dem Podium. Lenkungs- und Bremsdefekte besiegelten das Schicksal der Schwaben in Griechenland, ein zweiter Platz in Argentinien und ein dritter in Neuseeland machten dem Team dennoch wieder Hoffnung. Und tatsächlich, bei der Bandama, dem zweiten Lauf in Afrika, gelang der Doppelsieg mit Waldegaard und Recalde.

Für 1981 gab es große Pläne und eine bittere Enttäuschung für die Sportabteilung und ihren Leiter. Bereits im November, noch vor dem Doppelerfolg an der Elfenbeinküste, sicherten die Schwaben sich die Dienste des frisch gebackenen Weltmeisters Walter Röhrl. Der fuhr erste Tests noch mit dem 500 SLC für die Rallye Monte Carlo. In der 81er Saison sollte dann der 500 SL zum Einsatz kommen, ein Cabrio, für die Rallye-Weltmeisterschaft allerdings mit einem Hardtop ausgerüstet. Mit gut 350 PS stärker als das Fünf-Liter Coupe, leichter, 20 Zentimeter kürzer und mit geringerem Radstand. Weiter sollte das Cabrio mit einer neuen Viergang-Automatik ausgerüstet werden.

Der Weltmeister absolvierte bereits Testfahrten in Österreich mit dem SL, als die Nachricht aus Stuttgart eintraf: ?Die Tests werden sofort gestoppt. Der Monte Carlo Einsatz ist abgesagt.?

Noch am gleichen Tag reiste Waxenberger nach Saalbach, um Walter Röhrl die Entscheidung des Vorstandes persönlich zu überbringen. Vorausgegangen war ein Gespräch des Bayern mit dem Mercedes Entwicklungsleiter van Winsen, dass sinngemäß etwa so ablief: ?Sagen Sie, Herr Röhrl, wir werden die Rallye Monte Carlo doch gewinnen?? - Röhrl: Realistisch gesehen können wir in die Top-10 fahren.?

Diese für Walter Röhrl typisch ehrliche Antwort führte unmittelbar zum Rückzug von Daimler-Benz aus der 81er Weltmeisterschaft. Frei nach dem Motto: Wenn wir nicht gewinnen können, dann lassen wir es lieber ganz. Dabei bestand die Vision für einen Mittelmotor-Renner mit Allradantrieb und 600 PS, der 1983, zum 100. Jubiläum der Marke, debütieren sollte. 

Von Seiten des Werkes war die Bandama 1980 der letzte Einsatz im Rallyesport. Damit stand der Regensburger als amtierender Weltmeister ohne Cockpit da. Ihm blieben sporadische Einsätze mit einem Porsche 924 GTS in der Deutschen-Rallyemeisterschaft und ein Lauf zur WM auf einem 911 SC. Für die folgende Saison kehrte Röhrl zurück zu Opel.

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