Histo

Eugen Böhringer ist gestorben

Eugen Böhringer, ehemaliger Mercedes-Benz-Rennfahrer, ist tot. Er starb am 19. Juni 2013 im Alter von 91 Jahren in Stuttgart. In den 1960er-Jahren errang der am 22. Januar 1922 auf dem Rotenberg bei Stuttgart geborene Rallye-Fahrer herausragende Erfolge für die Marke. Ein Höhepunkt seiner Karriere war der Titel des Rallye-Europameisters 1962.

<strong>ERFOLGE:</strong> Rallye Lüttich-Sofia-Lüttich 1963. Die späteren Sieger Eugen Böhringer und Klaus Kaiser mit ihrem Mercedes-Benz Typ 230 SL (W 113)

Schwere Limousinen scheinbar federleicht über die schwierigsten Pisten zu steuern, das war eine Spezialität Böhringers. So gewann er unter anderem 1962 die Rallye Akropolis und die Rallye Lüttich–Sofia–Lüttich auf Mercedes-Benz 220 SE (W 111) und im Folgejahr die Rallye Akropolis, die Deutschland-Rallye und den Großen Straßenpreis für Tourenwagen von Argentinien auf Mercedes-Benz 300 SE (W 112). Dass er auch den damals neuen Sportwagen Mercedes-Benz 230 SL (W 113) beherrschwt, die so genannte „Pagode“, bewies Böhringer mit dem Sieg der strapaziösen Langstreckenrallye Spa–Sofia–Lüttich 1963.

 

Eugen Böhringer war in den frühen 1960er-Jahren einer der erfolgreichsten Mercedes-Benz Werksrennfahrer. Im Hauptberuf führte der gelernte Koch jedoch das Hotel der Familie auf dem Rotenberg über Stuttgart. Auch die meisten seiner Teamkollegen in dieser Ära sind Privatleute, die für die Stuttgarter Marke bei internationalen Rallies und Langstreckenfahrten an den Start gingen.


Die Verbindung zu Mercedes-Benz reichte bis in die Kindheit Böhringers zurück: So richtete sein Vater Gottfried Böhringer 1928 für die Mitarbeiter des Mercedes-Benz Werks einen Omnibus-Pendelverkehr zwischen Stuttgart-Rotenberg und Untertürkheim ein. Bereits 1925 hatte die Familie einen Mercedes 16/45 PS gekauft, den auch Eugens Mutter fuhr. Emma Böhringer war eine der ersten Frauen in der Region Stuttgart, die einen Führerschein besitzt. So lag es nahe, dass der Junge von einer Karriere als Automobilmechaniker bei Mercedes-Benz träumte. Doch die Familie überzeugte Eugen, eine Ausbildung als Koch zu machen und die Höhengaststätte mit Hotel zu übernehmen.
Eine Wette unter Freunden führte schließlich dazu, dass der Hotelier Mitte der 1950er-Jahre erste lokale und regionale Wettbewerbe auf seinem privaten Mercedes-Benz 219 (W 105) fuhr und rasch Erfolge erzielte. Unter anderem holte er 1958 den zweiten Platz der Stuttgarter Rallye Solitude, die er dann 1959 und 1960 gewann. Mercedes-Benz erkannte die Begabung Böhringers und verpflichtete ihn vom Jahr 1960 an als Werksfahrer. Sein erster internationaler Erfolg für die Marke war der zweite Platz bei der Rallye Monte Carlo des Jahres 1960 (Beifahrer Hermann Socher) in einer „Heckflossen“-Limousine vom Typ 220 SE (W 111) hinter Walter Schock und Rolf Moll – Mercedes-Benz erzielte einen Dreifachsieg.


Die Rallye Monte Carlo blieb in den folgenden Jahren die große Herausforderung für Böhringer. Er erzielte von 1961 bis 1965 durchgehend Klassensiege in der Kategorie über 2000 Kubikzentimeter und holt weitere zweite Plätze in der Gesamtwertung. Bereits 1961 sicherte er sich den Vize-Titel der europäischen Rallye-Meisterschaft, die er im Folgejahr gewannt. Siege holte Böhringer 1962 bei der Rallye Akropolis, der Polen-Rallye und der Rallye Lüttich–Sofia–Lüttich. Wie er die Strapazen der 5500 Kilometer langen Rallye übersteht, verriet er 1982 der Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“: „Die körperliche Fitness garantierten Traubenzucker, Milch und Unmengen an Wasser“.


Zu seinen Siegen 1963 gehörten auch die Fernfahrt Spa–Sofia–Lüttich mit Co-Pilot Klaus Kaiser auf Mercedes Benz 300 SE, die Rallye Akropolis sowie die Polen-Rallye. Er belegte in jener Saison auch Platz 2 bei der Rallye Monte Carlo sowie bei der Deutschland-Rallye.


1964 wollte Böhringer seinen dritten Sieg auf der Marathon-Strecke Spa–Sofia–Lüttich holen, kam aber nur auf Platz drei ins Ziel. Dennoch verleihen ihm die Veranstalter einen Goldpokal. Denn zwei Siege und zwei exzellente Platzierungen in vier aufeinander folgenden Jahren schienen bisher angesichts der hohen Ausfallquote während dieses „Marathon de la Route“ undenkbar.
Nach 1964 zog sich Mercedes-Benz von den Rallyes und Tourensportwagenrennen zurück. Böhringer startete 1965 noch einmal auf Porsche 904 bei der Rallye Monte Carlo, beendete danach aber seine aktive Motorsportkarriere. Insgesamt erinnern 13 Siegernadeln an seine Erfolge mit Mercedes-Benz. 2001 gründete Böhringer, der dem Rennsport und Mercedes-Benz stets eng verbunden blieb, mit weiteren Rennfahrern den Verein „Solitude Revival“. 

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