HISTO

„Der Waxenberger weiß sich immer zu helfen“

Erich Waxenberger, legendärer Mercedes-Ingenieur und verantwortlich für die Rallyeeinsätze, ist am 18. Juli im Alter von 86 Jahren gestorben.

Erich Waxenberger wird in eine ausgesprochene Autofamilie hineingeboren. Der Vater betreibt mit seiner Schwester im oberbayrischen Miesbach eine DKW-Vertretung. Und er vererbt seinem Sohn den Bazillus des unerschrockenen Racers, denn Waxenberger senior fährt von Frühjahr bis Herbst Motorradrennen und im Winter Eisrennen auf zugefrorenen Seen seiner oberbayrischen Heimat. 

Nach dem Abschluss der Schulausbildung besucht Waxenberger in München die Akademie für angewandte Technik und beendet dort sein Studium als zweitjüngster und zugleich zweitbester Absolvent. Der frisch gebackene Ingenieur beginnt bei Daimler-Benz in Stuttgart-Untertürkheim im Pkw-Versuch als Sachbearbeiter für Aggregate. Daimler-Benz bleibt für den Bayer in Schwaben dann während 43 Jahren der einzige Arbeitgeber, rückblickend auch eine Parallele zu seinem späteren Chef Rudolf Uhlenhaut, aber es ist nicht die einzige; schnelles Autofahren, Skifahren und Segeln sind weitere.

Waxenberger ist kein ausschließlicher Theoretiker, sondern ein stark praxisorientierter Ingenieur – eine Tatsache, mit der er schnell auf sich aufmerksam macht. Als einmal während einer Erprobungsfahrt ein Versuchsfahrzeug mit einem Defekt liegen bleibt, legt Waxenberger sich unter den Wagen und macht das Fahrzeug wieder fahrbereit. Unter den in der Zwischenzeit Herumstehenden wartet auch Chefingenieur und Vorstandsmitglied Professor Fritz Nallinger. Als kritische Fragen laut werden, ob der Wagen denn wieder zum Laufen käme, meint Nallinger trocken: „Lassen sie mal, der Waxenberger weiß sich immer zu helfen.“ 

Dieses Lob vom obersten Chef freut seinen damals noch jungen Mitarbeiter und ärgert die Zahlreichen, die schon lange mit Argwohn den direkten Zugang des jungen Kollegen zum unmittelbar Nallinger unterstellten Versuchschef Rudolf Uhlenhaut beobachten. Dieser allerdings schätzt seinen jungen und temperamentvollen Mitarbeiter wegen seiner engagierten Art des Autofahrens, aber auch wegen seiner technischen Begabung und seiner unkonventionellen, direkten Art, Dinge anzugehen und beim Namen zu nennen. Erich Waxenberger ist als Urbayer mit all jener herzlich-kantigen Direktheit ausgestattet, die die Bayern eben auszeichnet.

Erich Waxenberger und Björn Waldegaard - 27. Rallye Akropolis (1980)

Mit direktem Engagement begleitet und betreibt er auch die Ende der 1970er-Jahre beginnenden Rallyeaktivitäten von Mercedes-Benz mit den Baureihen 123 und 107 und führt sie zu Erfolgen. Speziell bei den materialmordenden Veranstaltungen in Afrika glänzt der Stern. Unvergessen die Episode bei der Safari 1980, als Hannu Mikkolas Beifahrer Arne Hertz bei einer Reparatur auf der Strecke von einem anderen Auto gerammt und an der Hand verletzt. Also sprang Erich Waxenberger als Beifahrer ein und wollte Mikkola zunächst bis ins Etappenziel navigieren: „Kommen’s, Herr Mikkola, fahren wir!“ Gesagt, getan. Mikkola fährt, Waxenberger navigiert und dirigiert zeitgleich seine Service-Mannschaft. Doch natürlich ist die Mühe vergeblich. Beifahrertausch ist illegal und wird auch in Afrika mit der Disqualifikation bestraft.

Als in den 1980er-Jahre die Konkurrenz auf Allrad und Turbomotoren setzt, setzt auch bei Mercedes ein Umdenken ein. Man verpflichtet mit Walter Röhrl den besten Rallyefahrer und plante einen Mittelmotor-Renner, der 1983 debütieren sollte. Doch die Ehe hielt nur kurz. Röhrl beschied kurz vor der Monte 1981 dem 500 SL wenig Siegchancen, Mercedes stoppte daraufhin die Rallyeaktivitäten und zog sich zurück.

Erich Waxenberger blieb seiner Firma dagegen treu und verabschiedet sich erst am 1. Juli 1996 in den Ruhestand. Seiner Marke bleibt er weiterhin verbunden und nimmt regelmäßig an Club-Treffen teil. Am 18. Juli 2017 verstirbt der inzwischen 86-jährige im Kreise seiner Familie. 

« zurück