Deutsche in bester Laune

Björn Waldegard in Front

56 brutal aufgerüstete Klassiker bis Baujahr 1974 toben seit Sonntag fast 5.000 Kilometer kreuz und äußerst quer durch Kenia und Tansania.

<strong>HEISSES EISEN:</strong> Die East-African-Safari quer durch Kenia und Tansania

Auf übelsten Geröllpisten mit kindskopfgroßen Reifenmörderbrocken, knietiefem Puderzuckerstaubsand und badewasserwarmen und -tiefen Flussdurchquerungen lassen Stars von einst und heute keinen Zweifel am Untertitel dieser Veranstaltung: The World’s Greatest Rally.

 

Nach dem ersten Drittel der Neun-Tage-Plage führt der viermalige East-African-Safari-Sieger Björn Waldegard im David-Sutton-Escort die Rallye mit fast fünf Minuten Vorsprung an. Aber was sind hier schon fünf Minuten? Gar nichts. Heute morgen lagen Vater und Sohn Waldegard noch vier Minuten zurück hinter den jetzt Zweitplazierten Gerard Marcy/Alain Lopes im Porsche 911. Rang drei belegen Frederic Dor/Didier Breton (Porsche 911), erst auf Rang vier folgen Stig Blomqvist mit Co. Ana Goni, ebenfalls im Sutton-Escort. Nach drei Reifenschäden liegt Geheimfavorit und Lokalmatador Ian Duncan im borstig übermotorisierten Ford Mustang nur auf Rang sieben. In der Gunst der Fans aber mit dem gnadenlosen Waldegard gleichauf.

 

Kommen wir zu den Deutschen aus dem Rallyewebshop-Team. Und gewöhnen uns schon mal an größere Zahlen. Zumindest die Platzierungen betreffend. Gleich in sechs Teams floss deutscher Schweiß bei Einschlaftemperaturen von nicht unter 30 Grad. Allerdings sagt uns das Wörtchen „floss“ Ungemach voraus. Erste Ausfallopfer waren nämlich schon Gunther Kronseder/Gerd Petzold mit einem so wundervoll vorbereiteten Mercedes 450 SLC (und einem fast noch spektakuläreren Servicewagen), dass die Konkurrenz vor dem Start schon den ersten Satz feuchte Unterwäsche wechseln musste. Aber all die  Perfektion nutzte nichts: Reihenweise explodierten die Überdruckbehälter der eigens angefertigten Safari-Dämpfer, das Aus nach Tag 1. Wie schon bei den letzten beiden Safari-Rallyes sind die supernetten Bayernburschen weiter streng allergisch gegen die Zielflagge. Und das obwohl der mehrfache Safari-Sieger und Ex-450-Pilot Joginder Singh noch ein „Good Luck“ aufs Dach des SLC gepinselt hatte. Meinte er vielleicht nur „Guter Lack“?

 

LIEGEN VORN: Vater und Sohn Waldegard

 

Vom Pechvogel jetzt zum Paradiesvogel: Bester Deutscher ist gegenwärtig Aussteiger und Riesenschildkrötenzüchter Alex Hack im Ford Escort auf Rang 20. Gestern sogar teilweise an den Top-Ten kratzend, handelte sich Hack aber eine saftige Zeitstrafe wegen einer zu langen Reparaturpause ein. Wobei: Wenn wir über saftige Zeitstrafen sprechen, kommen andere deutsche Starter ins Gespräch. Uwe Kurzenberger, in diesem Jahr auf den Beifahrersitz gewechselt, hatte mit seinem Piloten Hardev Singh am ersten Tag die Seuche im Peugeot 504 Coupé. Kupplungsschaden, abgebrochenes Armaturenbrett, Reifenschäden und vieles mehr beförderten den Schwaben auf Rang 42. Und wenn ich die Buschtrommeln richtig deute, hat er sich just in diesem Moment an derselben Stelle festgefahren wie vor zwei Jahren. Das muss man ihm auf knappen 5.000 Kilometern Strecke erstmal nachmachen. Mit alten Traditionen wird eben nicht gebrochen ...

 

Das sah auch Peter Stoehr so: Bei der letzten Auflage der Safari 2005 hatte er seinen Datsun 1600 SSS auf einer Verbindungsetappe frontal an einem Bus zum letzten Halt gebracht. In diesem Jahr war es ein Überschlag auf der Hauptstraße. Natürlich auch auf einer Verbindungsetappe. Rad abgerissen, drei WPs auslassen müssen, jetzt sind Stoehr und sein Co. Joseph Jusic aber wieder auf der Jagd nach dem nächsten Abenteuer. Und total entspannt.  Auch wenn sie heute wieder drei Stunden in einer WP steckten, weil dieses Mal ihr Servicewagen einen Unfall hatte und nicht zu Hilfe kommen konnte. Aber dafür ist jetzt der Fehler für das nervöse Fahrverhalten gefunden und die beiden müssen nicht mehr länger nur an ihrem feinen Humor Spaß haben. Oder an Uwe Kurzenberger, der sich auch wieder vor Lachen wegschmeißen wird, wenn er heute Nacht völlig verdreckt im Hotel noch einmal die Sand-Szene für alle nachspielen wird. Wir freuen uns schon.

 

ABGEHOBEN: Die Airline sponsert die Rallye 

 

Kurzenbergers Gattin, Gabriele Mahler, ist Co-Pilotin von Imi Dewji im Datsun 240 Z. Sie hatte am dritten Tag Pause befohlen: Dewji hatte den Datsun halb fertig nach Kenia bringen lassen, in der Hoffnung, sein deutsches Mechanikerteam mit Ecki Spreng und Axel Strecker würde den Wagen schon noch komplettieren können vor der Rallye. Hätten sie auch gekonnt, wenn das Auto nicht erst wenige Stunden vor dem Start aus dem Zoll gekommen wäre. So gab es nach zwei Tagen voller vorprogrammierter Defekte das Mahlersche Machtwort und eine Reparaturpause. Durch das allgemein brutale Schadensaufkommen bei der Safari-Rallye können die Teams jederzeit wieder in die Rallye einsteigen (natürlich kassieren sie die Maximal-Zeiten der WPs).

 

Davon hat auch der letzte Deutsche im Bunde, Jürgen Bertl schon mehr als ihm sein Hemdkragen an Halsvolumen zubilligt. 2005 war der Ex-Audi-Teammanager mit seinem 911er Porsche stets unter den Top-Five zu finden, nun spielt er lediglich im Mittelfeld. Der Grund ist allerdings schnell gefunden: Bertl hat den Porsche an einen Amerikaner verkauft, der selbst ins Steuer greifen wollte und Bertl auf den Beifahrersitz verfrachtete. Das mal zum Thema gute Ideen der Amerikaner. Allerdings wollen wir Herrn Sagoo zu Gute halten, dass er schon zwei Hinterräder verloren hat. Und zwar am Stück. Eines weiß man hier eben ganz genau: Was morgen passieren wird, weiß man nie. Ich muss jetzt ins Bett, weil es dann doch eine Gewissheit bei der Safari-Rallye gibt: Der Wecker klingelt um 4 Uhr. Weil das erste Auto um 5.30 Uhr startet. Immer. Es ist eben nicht WRC. Es ist The World’s Greatest Rally ...


Und das schaunmermal: Hammerharte Filme von der East African Safari Rally gibt es jeden Abend aktuell bei den Kollegen von www.rally-action.com.

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