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Peugeot 205 Turbo

Die Premiere hallte wie ein Paukenschlag in der Rallye-Welt. Bei der Korsika-Rallye 1984 trat man zum ersten Mal mit dem Peugeot 205 Turbo 16 an. Schon in der zweiten Wertungsprüfung fuhr der Finne Ari Vatanen Bestzeit, 20 Sekunden schneller als Walter Röhrl im Audi Quattro und hielt bis zum Beginn der letzten Etappe die Spitze, ehe starker Regen ihn von der Strecke spülte und damit die absolute Sensation verhinderte.

Peugeot 205 T16 Gruppe B

Möglich machte diesen tollen Einstand die kompromisslose Konstruktion des Peugeot 205 Turbo. Allradantrieb, ein langer Radstand mit sehr kurzen Karosserieüberhängen, Vorder- und Hinterachse an doppelten Dreieckslenkern geführt. Der Wagen wog 940 kg, mit denen die 340 PS bei 7.500 U/min leichtes Spiel hatten. Sein Motor mit knapp 1,8 Liter Hubraum gehörte einer neuen Generation an, multipliziert mit dem Turbofaktor von 1,4 ergab sich die Einstufung in der Klasse bis 2,5 Liter. Das Triebwerk besaß vier Zylinder und zwei oben liegende Nockenwellen, die 16 Ventile betätigten. Motorblock und Zylinderkopf bestanden aus Leichtmetall, die Kurbelwelle aus geschmiedetem Stahl. Im Gegensatz zu Audi setzte Peugeot auf die Mittelmotor-Bauweise, womit die Ingenieure einen reinen Rennwagen projektierten. Mit der von Audi bevorzugten Seriennähe hatte der Peugeot 205 Turbo 16 nichts am Hut und der Erfolg gab den Franzosen Recht. In der Folgezeit punkteten fast ausschließlich Fahrzeuge, die nach dem Mittelmotor-Prinzip konstruiert waren.

Jean Todt hieß der geniale Kopf hinter dem Unternehmen. Ja, genau jener Jean Todt, der heute die Strippen bei der FIA zieht. Früher selbst Rallye-Beifahrer und Kenner der Szene war er nun Direktor von „Peugeot Talbot Sport“. Er überzeugte den Chef des Konzerns, Monsieur Boillot, vom Projekt M 24 Rallye. Für die finanziell angeschlagene Firma Herausforderung und Wagnis, aber wie sich später herausstellte, brachten die Erfolge des 205 einen nicht zu unterschätzenden Imagegewinn, der sich in den Verkaufszahlen des Serienmodells niederschlug.

Peugeot 205 Turbo Ari Vatanen

Verschiedene Gruppen von Ingenieuren arbeiteten in La Garenne und Sochaux an dem zukünftigen Peugeot Rallye Modell, bis Todt ab etwa November 1981 die Aktionen kanalisierte. Projektleiter wurde Bernard Perron, der bestrebt war, ein wirkliches Top-Auto zu bauen. Ab 1983 fanden die ersten Testfahrten statt, die im wesentlichen Jean-Pierre Nicolas bestritt. In einem alten Steinbruch, der als Testgelände diente, fanden sich auch schnell die Schwachpunkte des 205. So mussten die Radaufhängungen, die Querlenker und die Motor- Getriebeeinheit überarbeitet werden. Auch das folgende Jahr sollte noch ein Testjahr für das gesamte Team werden. Bereits in diesem ersten Jahr der Peugeot-Beteiligung an der Rallye Weltmeisterschaft gewannen Ari Vatanen und sein Beifahrer Terry Harryman die 1000 Seen-Rallye in Finnland, die San Remo und die RAC. Peugeot schloss das Jahr auf dem dritten Platz der Konstrukteurswertung mit 76 Punkten ab.

Das Jahr 1985 begann verheißungsvoll mit ersten Plätzen für Ari Vatanen bei der Monte Carlo und in Schweden. Der neue Fahrer im Team, Timo Salonen, fuhr beide Male einen guten dritten Platz ein. Er holte noch fünfmal die volle Punktzahl für Peugeot sowie einen zweiten Rang, und damit den Fahrertitel für sich. Der eigentlich nur als zweiter Mann ins Team gekommene Salonen, ein absoluter Antisportler, eher dicklicher Brillenträger und Kettenraucher, holte also für das Werk die Kastanien aus dem Feuer. Vatanen hatte in Argentinien einen schweren Unfall und kam nur knapp mit dem Leben davon. Er benötigte geraume Zeit, um sich von seinen Rückenverletzungen zu erholen. So stieß in der Saison ´86 Juha Kankkunen zu den Galliern. Ein ruhiger, besonnener Mensch, der im Auto allerdings scheinbar zu einem Irren mutierte und als erster Fahrer überhaupt viermal Weltmeister wurde.

Kankkunen kam in den Genuss, den Evo 2 205 bewegen zu dürfen, der zur Korsika ´85 das erste Modell ablöste. Der Peugeot 205 Turbo 16 Evolution 2, so sein voller Name, verfügte über schlappe 430 PS, die 910 Kilogramm Fahrzeuggewicht in Bewegung setzten, und das mit Nachdruck. Bei einem Leistungsgewicht von nicht ganz 2,2 kg pro PS kein Wunder. Um die Kraft überhaupt auf den Boden zu bringen verfügte der Evo 2 über eine geänderte Aerodynamik. Gar nicht so dramatisch im Frontbereich, wo Spoilerecken wuchsen, aber oberhalb der Heckklappe befand sich nun ein Flügel, der jeder Cessna zur Ehre gereicht hätte.

Peugeot schafft, was Audi nicht gelingt

Bei der Rallye Monte Carlo hielt sich Kankkunen mit einem fünften Platz noch recht bedeckt. Aber dann schlug er zu: Schweden, Akropolis und Neuseeland sahen den Finnen im Peugeot 205 Turbo ganz oben auf dem Treppchen. Weitere Platzierungen unter den Top-10 und auch zwei erste Plätze des amtierenden Weltmeisters bescherten Peugeot den zweiten Markentitel. Juha Kankkunen holte sich vor Markku Alen (Lancia Delta S 4) die Fahrerwertung.

Damit gelang den Franzosen, was Audi nicht schaffte. Zweimal der Sieg bei den Konstrukteuren und den Fahrern, das war der Marke mit den vier Ringen nicht vergönnt. Und die anderen, Lancia? Ford? Sie kamen mit ihren Fahrzeugen einfach zu spät. Der Lancia Delta S 4 war vielleicht sogar schneller als der 205. Leider kam es auf Korsika zu einem schweren Unfall, bei dem der Nr. 1 Fahrer der Italiener, Henri Toivonen und sein Beifahrer Sergio Cresto in ihrem Auto verbrannten. Da es bereits zuvor in Portugal einen Crash mit getöteten Zuschauern gab, zog Konkurrent Audi seine Fahrzeuge nach der Rallye Korsika aus der Weltmeisterschaft zurück

Das Ende der Gruppe B mit dem sehr freizügigen Reglement war zu diesem  Zeitpunkt wohl schon beschlossen, aber noch nicht verkündet. Die Autos wurden tatsächlich zu gefährlich. Bei Leistungen von zuletzt über 500 PS und einer Beschleunigung von drei Sekunden von 0 auf 100 waren nur noch wenige Piloten in der Lage, diese Monster zu beherrschen. Da gleichzeitig immer mehr Zuschauer an die Wertungsprüfungen strömten um dem Spektakel beizuwohnen, rasten die Fahrer durch ein Spalier von Menschen. Auf Dauer wollte diese Situation niemand verantworten.

Da ging es bei uns in Deutschland doch wesentlich beschaulicher zu. Obwohl sich auch hier Peugeot Deutschland in den Jahren 1985 und 86 mit einem Peugeot 205 T16 an der Meisterschaft beteiligte, blieb die Zuschauersituation eher übersichtlich. Zunächst war es Kalle Grundel, der sich den Titel an die Fahnen heftete, dann Michelle Mouton. Konkurrenz gab es dabei kaum. Oliver Schmidtke, ein noch recht unerfahrener Youngster, versuchte sein Glück auf einem Audi Quattro. Ab und an tauchten noch andere Gruppe B Fahrzeuge in der Deutschen Meisterschaft auf, meistens MG Metro 6 R 4. Keine Gegner für den kleinen Löwen.

Peugeot 205 T16 Pikes Peak

Der verrückteste Peugeot 205 Turbo

Ein Jahr später, als die Gruppe B in der Rallye Weltmeisterschaft schon verboten war, baute man den wohl verrücktesten Peugeot 205 Turbo 16. Für das Bergrennen am Pikes Peak in den USA waren Prototypen und auch die Gruppe B Monster noch erlaubt. Pikes Peak, das bedeutete ca. 20 km bergauf, auf Schotter, mit jeder Menge Kehren und Kurven in allen erdenklichen Radien. Keine Leitplanken, die ein Fahrzeug im Falle eines Falles vor dem Abgang ins Nirwana aufhalten könnten. Dort wirklich schnell zu fahren, erforderte schon eine gewisse Portion Wahnsinn, gepaart mit grenzenlosem Selbstvertrauen. Audi Quattro gegen Peugeot 205. Walter Röhrl gegen Ari Vatanen. So lautete das Duell. Den Autos wuchsen weitere, wundersame Flügel. Motorleistungen bis 600 PS sagte man den Fahrzeugen nach. Und dort, in den Staaten, beim Race To the Clouds, hatten diesmal Röhrl und die Ingolstädter das bessere Ende für sich.