Lancia 037 Rally

Walter Röhrl bezeichnet den Lancia 037 Rallyals eines der schönsten Autos, welches er jemals fahren dufte. Grund genug, den flachen Italiener einmal näher zu betrachten.

Im Jahre des Herrn 1981 war die Zeit der konventionell angetriebenen Rallyefahrzeuge vorbei, so dachten zumindest die Verantwortlichen bei Audi unter Sportchef Walter Treser. Irgendwie war es ihnen gelungen, den Motorsport Weltverband davon zu überzeugen, das bis dahin bestehende Verbot für Fahrzeuge mit Allradantrieb aufzuheben, und sich damit einen erheblichen Vorteil gegenüber allen anderen, in der Rallye Weltmeisterschaft beteiligten Werken, zu verschaffen.

Doch so leicht sollte die Rechnung dann doch nicht aufgehen. Erst ab 1984 war es kaum noch möglich, ohne Allrad auf das Siegerpodest zu fahren. Zunächst ging der Vergleich zwischen dem Vierradkonzept und den Hecktrieblern jedoch nicht eindeutig zu Gunsten der Ingolstädter aus. Der italienische Fiat-Lancia Konzern setzte im Audi Erstlingsjahr noch den Fiat 131 Abarth ein, genau das Auto, mit dem Walter Röhrl im Jahr davor Fahrer-, und Fiat Markenweltmeister wurde.

Ebenfalls 1981 begann Lancia mit der Entwicklung des 037 Rally, der eigentlich aus einem Rennwagen entstand, dem Lancia Beta Montecarlo. Vielleicht erinnern sich noch ein paar Menschen an dieses Fahrzeug, das z. B. Hans Heyer erfolgreich in der damaligen Deutschen Rennsport Meisterschaft bewegte. In Gruppe 5 Spezifikation war das Ding ein echter Brüller.

Das Designstudio Pininfarina erhielt den Auftrag, den 037 zu zeichnen. Heraus kam eine extrem flache Flunder, Höhe gerade einmal 1,245 Meter. Das Konzept ähnelte dem des Stratos, allerdings mit längerem Radstand von 2445 Millimeter, um dem Fahrverhalten die Nervosität zu nehmen. Die Basis des Wagens bildete eine Fahrgastzelle aus Stahlblech. Vorn und hinten nahmen Hilfsrahmen aus Rohren die Fahrwerkteile sowie Motor, Getriebe (5 Gang) und alle Nebenaggregate auf. Der Vierzylinder-Reihen Motor entstammte dem Fiat 131, besaß einen Zylinderkopf mit 2 Nockenwellen und 16 Ventilen, dazu einen Kompressor, der, im Gegensatz zu einem Turbolader, schon untenherum ordentlich Druck machte. Damit stand über einen weiten Drehzahlbereich von 5000 Umdrehungen Kraft zur Verfügung.

Obligatorisch die Einzelradaufhängung mit doppelten Längslenkern, Schraubenfedern, und, als Besonderheit, doppelten Stoßdämpfern an der Hinterachse. Die Felgenbreite betrug bis 8J X 16 an der Vorder-, und 10J X 18 an der Hinterachse. Die Bremsanlage bestand standesgemäß aus innenbelüfteten Scheibenbremsen rundum.

Die  Karosserie setzte sich aus drei Teilen zusammen. Dem zentralen Bereich der erwähnten Zelle, sowie der vorderen und hinteren Hauben mitsamt Kotflügeln, Stoßfängern und Spoilern. Überaus servicefreundlich. Nach Abnahme der Hauben präsentierte sich der Lancia völlig entblättert und die Technik war problemlos erreichbar.

Die Haut der Karosse bestand Anfangs aus Glasfieber, womit das Gewicht zu hoch, bei 1170 kg, lag. Gleichzeitig ließ die Motorleistung von 230 PS noch sehr zu wünschen übrig. Durch den Einsatz von Kevlar und zuletzt Carbon, verringerte sich das Leergewicht auf 960 kg. Im Laufe der Entwicklungszeit leisteten die Motoren zwischen 310 und 330 PS.

Walter Röhrl kehrte 1983 zu Fiat, oder besser gesagt, Lancia, zurück. Sein künftiges Einsatzfahrzeug kannte er prinzipiell schon. Den Lancia Beta MonteCarlo Turbo hatte er bereits 1979 mit Ricardo Patrese als Partner über verschiedene Rennstrecken gejagt.

Man erzählt sich, dass an einem Rennwochenende am Nürburgring auch zufällig Röhrl`s Rallye 131 dort gestanden haben soll. Patrese äußerte dann wohl den Wunsch, von Walter im Fiat chauffiert zu werden. Der klemmte sich also hinter das Steuer und drehte mit dem Rennfahrer als Copilot eine flotte Runde über die Schotterwaldwege an der Nordschleife. Auf einem dieser nicht sonderlich breiten Hohlwege kam ihnen ein Zuschauer mit seinem Wagen entgegen. Walter war schnell, an Bremsen nicht zu denken. Röhrl gelang es aber, über die Böschung am Wegesrand den 131 irgendwie an der anderen Kiste vorbei zu zirkeln. Ricardo Patrese soll nach der Aktion nur noch das Bedürfnis verspürt haben, den Beifahrersitz möglichst schnell wieder zu verlassen.

Nun ja, wie gesagt, der 037 war eng, der 037 war klein. Im Gegensatz zu den Fahrern. Der Lange aus Bayern und auch Markku Alen, sein finnischer Teamgefährte, sind für das Zwergenwerfen nicht geeignet. Es soll ziemlich drollig ausgesehen haben, wenn sie in den Lancia einstiegen. Nein, das ist der falsche Ausdruck. Sie mussten sich den Wagen förmlich überziehen, wie einen Taucheranzug.

Waren sie dann aber erst einmal drin, ging es ab. Zur 83er Rallye Monte Carlo gab es gleich einen Doppelerfolg, Walter auf Platz eins, Markku dahinter. In Schweden, auf Schnee, und Portugal, auf Schotter, waren dann jeweils zwei Audi Quattro vorn. Bei der nächsten Asphalt-Orgie, der Korsika, lagen dann vier Lancia 037 Rally auf den ersten Plätzen, in der Reihenfolge: Alen, Röhrl, Vudafieri und Bettega. Die Italiener waren außerdem noch erfolgreich bei der Akropolis, in Neuseeland und der San Remo. Außer bei der Safari (Opel Ascona 400) und an der Elfenbeinküste (Toyota Celica Turbo) konnte keins der anderen konventionellen Autos einen Stich machen. Die Italiener setzten auf das richtige Konzept, einen flinken und leichten Rennwagen, der auf Asphalt für die Audi nicht zu schlagen war.

Lancia entschied die Markenweltmeisterschaft für sich, Audi holte mit Hannu Mikkola den Titel bei den Fahrern. Der Lange Regensburger fuhr nur sechs Rallyes der Saison, auf eigenen Wunsch. Sein dritter Titel wäre in dem Jahr möglich gewesen.

Ein absoluter Fuchs war Cesare Fiorio, Rennleiter bei Lancia. Die ersten Prüfungen der Monte hatten teils Schnee, teils Asphalt. Welche Reifen sollte man wählen? Fiorio fand eine recht unkonventionelle Lösung. Er ließ auf einer Wertungsprüfung tonnenweise Salz streuen, dann mussten die Eisspione die ganze Nacht auf der Strecke hin und her fahren, bis diese Schnee- und Eisfrei war.

In einer anderen Sonderprüfung gab es einen Reifenwechsel. Hoch bis zur Schneegrenze ging es auf Slicks, dann wechselten die Mechaniker auf Spikes, und weiter ging es. Die Audi-Jungs dachten vermutlich sie hätten eine Erscheinung.

Fiorio erkannte aber auch klar, dass auf Dauer ohne Allradantrieb nichts mehr gehen würde. Der 037 Rally fuhr zwar noch Punkte ein in der Saison 1984, galt jedoch schon als Alteisen.

Walter Röhrl bezeichnet den Wagen trotzdem als den schönsten, den er jemals fahren dürfte.

Der lange Bayer trat mit dem italienischen Flachmann drei Mal in der Deutschen Rallyemeisterschaft an. Bei diesen Gelegenheiten pflegte er die heimische Zunft zu watschen.

Pech war es nur bei der Saarland, dass lediglich ein zweiter Platz am Ende heraus schaute. Nach tagelangen, heftigsten Regenfällen fiel der Lancia in ein Wasserloch, wo eigentlich Straße sein sollte. Manfred Hero, Saarländer, kannte die Stelle und war dort äußerst vorsichtig. Röhrl aber verlor soviel Zeit, dass er Hero dann den Vortritt lassen musste. Bei der Deutschland und der 3-Städte dagegen verprügelte er seine Kollegen in gewohnter Manier. Bei beiden Rallyes fuhr Walter Röhrl Bestzeit auf allen Prüfungen, Vorsprung bei der Deutschland ca. 15, in seiner Heimat 10 Minuten. Noch Fragen?