Rallye News

Powerfrau mit PS-Genen

Janina Depping geht bei der Rallye Deutschland, dem zehnten Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft, als einzige Frau hinter dem Lenkrad an den Start.

<strong>Alleine:</strong> Janina ist die einzige Fahrerin bei der Rallye-Deutschland

Im Interview spricht die 25 Jahre alte Castrol-Pilotin aus Wedemark über Machos, Walter Röhrl, ihre Rallye-verrückte Familie und den Kampf der Geschlechter.

 

Was sagst Du zu dem Zitat von Walter Röhrl ?natürlich widerspricht es mir, in einem Männersport, der Rallye nun mal ist, von einer Frau geschlagen zu werden??

?Das ist Herrn Röhrl ja nicht so oft passiert. Seine Aussage macht aber deutlich, dass es gewaltig am Ego vieler Männer kratzt, wenn sie von einer Frau geschlagen werden. Dann treffe ich auch immer auf Fahrer, die Frauen bei Rallyes einfach nur belächeln, weil sie der Meinung sind, Frauen und Motorsport passen nicht zusammen.?

 

Sind Rallye-Fahrer also ausschließlich Machos?

?Nein. Mittlerweile hat sich die Einstellung zu Frauen im Rallyesport schon gewandelt. Die Leistungen von Vizeweltmeisterin Michèle Mouton, aber auch von Dakar-Siegerin Jutta Kleinschmidt bei Marathon-Rallyes haben dazu beigetragen, dass es nicht mehr eine Riesensensation ist, wenn eine Frau antritt und auch noch vorne mitmischt. Die meisten Fahrer sind fair und erkennen die Leistung der Frauen an. Letztlich hat Walter Röhrl ja auch die Leistungen von seiner Widersacherin Michèle Mouton als ?sensationell? beschrieben.

 

Trotzdem sind Frauen auf den Rallye-Pisten noch absolute Exoten?

?Bei meinem WM-Heimspiel bin ich sogar die einzige Frau hinterm Lenkrad. Komischerweise gibt es mehr Beifahrerinnen als Fahrerinnen. Alleine bei der Rallye Deutschland vertrauen vier Männer auf die Ansagen von weiblichen Copiloten. Dabei sagt man doch, Frauen haben keinen Orientierungssinn...

 

Auch Du hast mit Claudia Güttler eine Frau an ihrer Seite. Zufall oder Absicht?

?Als ich Mitte der 90er Jahre mit dem Rallyesport angefangen habe, war mein erster Beifahrer eine Frau. Das hatte sich damals einfach so ergeben und gut funktioniert. Ich habe mich an einen weiblichen Copiloten gewöhnt. Insofern ist es kein Zufall, dass ich mit Claudia fahre. Übrigens habe ich mich auch mal als Beifahrerin versucht. Das gefiel mir aber gar nicht, weil man überhaupt nichts von der Strecke sieht, wenn man dauernd in den Aufschrieb schaut.

 

Wie bist Du überhaupt auf die Idee gekommen, Rallyes zu fahren?

?Das hat bei uns in der Familie Tradition. Mein Onkel Dieter Depping hat drei Mal die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Auch mein Vater ist in den achtziger Jahren gestartet. Ich war fast immer mit dabei. Mit 16 stand für mich fest, dass ich selber fahren will. 1996 habe ich mich dann zum ersten Mal selbst ins Cockpit gesetzt. Nur ein Jahr später habe ich dann die Damenwertung der WM-Rallye San Remo gewonnen und 1998 gleich noch ein mal.?

 

Hast Du schon als Kind lieber mit Jungs als mit Mädchen gespielt?

Tatsächlich bin ich mit Jungs einfach besser als mit Mädchen klargekommen. Das liegt sicher daran, dass ich fünf Onkel habe und wir zu Hause eine richtige Männersippschaft waren. So etwas prägt einen. Mein Lieblingssport war übrigens Fußball. Ich war Torwart. Dadurch hat sich mein Reaktionsvermögen ganz gut entwickelt, was beim Rallye fahren ein großer Vorteil ist.?

 

Dein Freund Markus Hesse ist selbst aktiver Rallyefahrer. Ist er Konkurrent oder eine große Hilfe?

?Eine große Hilfe! Er hat viel technisches Know-how und bereitet mein Auto für die Rallyes vor. Markus findet es gut, dass ich selbst fahre. Schwierig ist nur, den Sport vom Privaten zu trennen und mal an ganz was anderes zu denken.?

 

Dein Team besteht aber doch nicht nur aus Ihrem Freund, oder?

?Wir sind ein richtiges Familien-Unternehmen. Von der technischen Vorbereitung über die Organisation bis hin zur Verpflegung kümmern sich meine Familie und mein Freund einfach um alles. Es ist sehr angenehm, in so einem privaten Umfeld zu arbeiten. Natürlich würde es auch ohne gehen. Es wäre aber schwieriger, weil ich mir meine Helfer dann zusammen suchen müsste. Eins steht fest: Auf die Dauer kann kein Fahrer alles alleine machen, denn Rallye-Sport ist Teamarbeit."

 

Glaubst Du, dass Frauen besonders mutig sein müssen, um Rallyes zu fahren?

?Nicht mehr als die Männer. Egal ob Mann oder Frau - auf jeder Wertungsprüfung gibt es Passagen, die heikel sind. Jeder Fahrer hat da seine speziellen Ecken. Um solche Hürden zu meistern, kommt es auf Können, Geschick und Erfahrung gleichermaßen an.?

 

Du hast drei Jahre lang pausiert und starten jetzt mit einem anderem Auto?

?Das ist richtig. Früher bin ich mit einem Gruppe A Ford Escort Cosworth gestartet und jetzt auf einen Mitsubishi Lancer Evo VII der Gruppe N umgestiegen. Die Unterschiede zwischen seriennahen Lancer und dem extrem ausgereizten Escort sind schon gewaltig. Mit dem neuen Auto fange ich quasi bei Null an. Deshalb hat bei mir in dieser Saison absolute Priorität, mich an das Auto zu gewöhnen.?

 

Was hast Du Dir für die Rallye Deutschland vorgenommen?

?Die Konkurrenz ist mit über 70 Startern sehr stark. Alleine in der Gruppe N treffe ich auf 36 direkte Gegner. Einen konkreten Platz habe ich nicht anvisiert. Mein Ziel ist es, ohne Probleme sauber durch zu fahren.?

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